Diagnose und Therapie von Schwangerschaftserkrankungen

INFEKTE IN DER SCHWANGERSCHAFT
Infekte in der Schwangerschaft sind konsequent zu behandeln. Scheideninfekte gehen mit einer erhöhten Frühgeburtsrate, vorzeitigen Wehen und sich vorzeitig öffnenden Muttermund → Zervixinsuffizienz einher. Nach erfolgter Diagnostik erfolgt eine abgestufte Behandlung. Dies gilt auch für Allgemeinerkrankungen während einer Schwangerschaft. Hierbei liegt unser Augenmerk 
sowohl auf der Wirksamkeit als auch auf der Verträglichkeit der eingesetzten Medikamente und möglicher Einwirkungen auf den Feten.

TOXOPLASMOSE
Bei der Toxoplasmose handelt es sich um eine Infektionskrankheit. Die Erreger (Toxoplasmen) können über rohes Fleisch oder bei Tierkontakt aufgenommen werden. Die Erreger werden auch von Katzen und Hunden übertragen. Hatte eine Frau vor der Schwangerschaft Kontakt mit Toxoplasmen, so ist sie durch spezifische Antikörper vor neuerlichen Infektionen geschützt. Dies trifft auf ungefähr 35% der Schwangeren zu. Für diese Schwangeren und ihre ungeborenen Kinder besteht bei erneutem Kontakt mit Toxoplasmen keine Gefahr. Hatte eine Schwangere jedoch noch keinen Kontakt mit Toxoplasmen, besteht die Möglichkeit, dass sie sich erstmals während der Schwangerschaft infiziert. Toxoplasmen können bei einer frischen Infektion dann auch auf das Kind übergehen und bei ihm zu schweren Schädigungen wie Hirn- und Augenfehlbildungen führen. Auch eine Fehlgeburt kann die Folge sein. Durch einen Bluttest zu Beginn der Schwangerschaft lässt sich klären, ob Sie gegen Toxoplasmen immun sind oder nicht. Im letztgenannten Fall sollten Sie bzgl. Ihrer Ernährung (kein rohes Fleisch oder rohen Fisch) und/oder Tierkontakten besondere Vorsicht walten lassen.

LISTERIOSE
Eine Erkrankung mit Listeriose während der Schwangerschaft ist aufgrund der Folgen für das Kind gefürchtet. Die schwach ausgeprägten Symptome machen eine frühzeitige Diagnose und Therapie oft schwierig. Seit 2001 gehört Listeriose in Deutschland zu den meldepflichtigen Krankheiten.

Listeriose ist eine Infektionskrankheit, die durch Bakterien verursacht wird. Die Erreger sind hochansteckend, zeigen aber beim gesunden Erwachsenen kaum Symptome. Eine Übertragung von Mensch zu Mensch oder von Tier zu Mensch spielt nur eine untergeordnete Rolle. Die Übertragung erfolgt über kontaminierte Lebensmittel oder Schmierinfektionen. Ein Nachweis von Antikörpern im Blut ist in der Regel nicht aussagekräftig, da ein großer Teil der Bevölkerung schon einmal mit dem Erreger Kontakt hatte. Bei einem gesunden Immunsystem stellen sich kaum oder nur grippeähnliche Symptome ein.

Die Wahrscheinlichkeit für Schwangere sich mit Listerien anzustecken ist um bis zu 12 mal höher als für Nichtschwangere. Infiziert sich die werdende Mutter während der Schwangerschaft, erfolgt die Übertragung der Infektion über die Plazenta (Plazentitis) auf das ungeborene Kind (konnatale diaplazentare Übertragung). Liegt der Zeitpunkt der Infektion im ersten Drittel der Schwangerschaft führt dies meist zu einer Fehlgeburt. Auch im zweiten oder dritten Drittel erhöht sich die Wahrscheinlichkeit für eine Frühgeburt bzw. für einen Spätabort. Auch während der Geburt kann eine vaginale oder rektale Besiedlung auf das Kind übergehen (perinatale Übertragung). Das Neugeborene zeigt dann Infektionszeichen wie Symptome einer Lungenentzündung oder Hirnhautentzündung und Zeichen einer Blutvergiftung mit Milz- und Leberschwellung (Listeriosis infectiseptica).

Deshalb ist das Ziel für Schwangere, die Infektion mit Listerien zu vermeiden. Dafür wichtig ist die Handhygiene mit Wasser und Seife (vor allem nach Kontakt mit bspw. Geld). Die Hauptübertragung erfolgt wie beschrieben über Lebensmittel, unter anderem über Staub und Erde und tierischer Dünger. Deshalb sollten Sie rohes Obst und Gemüse sorgfältig waschen und verwendete Schneidbretter und Messer ebenfalls gründlich reinigen, da die Listerien sehr widerstandsfähig sind. Außerdem sollte alles Rohe (Fleisch, Fisch, Milch) auch Tiefgefrorenes und bspw. Teewurst wie auch Salami gemieden und alles gut durchgegart werden.

Die Diagnose einer Listeriose erfolgt über eine Bakterienkultur, ein Blut- und Vaginalsekret. Die Therapie erfolgt üblicherweise mittels Ampicillin ggf. mit Gentamycin (bei Allergie: Erythromycin), Cephalosporine sind oft unwirksam.

ZYTOMEGALIE
Die Zytomegalie stellt für die Schwangere selbst keine bedrohliche Erkrankung dar und verläuft bei 80% aller Infizierten ohne auffällige Symptome. Dennoch wird das Virus bei einer erstmaligen Infektion in der Schwangerschaft in ca. 40 bis 50% der Fälle auf das werdende Kind übertragen. Etwa 13% dieser im Mutterleib infizierten Kinder haben bei der Geburt klinische Auffälligkeiten verschiedenen Schweregrades. In Deutschland besitzen ca. 55% der Frauen im gebärfähigen Alter keine Antikörper gegen CMV und damit keinen Schutz vor einer Erstinfektion. CMV wird durch sogenannte Schmierinfektion, d. h. direkten Kontakt mit CMV-haltigem Speichel, Urin, Tränen oder Genitalsekret übertragen. Eine Impfung gegen CMV gibt es leider nicht. Das Virus ist auf Speichel- oder Urin-kontaminierten Gegenständen bis zu 48 Stunden infektiös, kann jedoch durch Seife inaktiviert werden. Schwangere können daher durch einfache Hygienemaßnahmen das Risiko einer Infektion vermindern: Wichtig ist sorgfältiges Händewaschen mit Seife nach jeder Art von Kontakt mit Körperausscheidungen von Kleinkindern (Windelwechsel, Füttern, Abwischen von laufenden Nasen, Tränen oder Speichel, ein Kuss auf den Mund sollte vermieden werden, ebenso gemeinsames Benutzen von Besteck oder Zahnbürsten etc.). Durch einen Antikörpertest im Blut kann nachgewiesen werden, ob ein Schutz vor CMV-Erstinfektion besteht. Dieser Test sollte idealerweise vor einer gewünschten Schwangerschaft oder möglichst früh nach deren Feststellung erfolgen.

Die Bestimmung der Antikörper gegen CMV im Blut ist eine Individuelle Gesundheitsleistung (IGeL) und nur bei begründetem Verdacht auf akute Infektion eine Kassenleistung. Bei beruflichem Risiko (Tätigkeit in der Kinderbetreuung) zahlt der Arbeitgeber. 

Mögliche Maßnahmen bei fehlenden Antikörpern in der Schwangerschaft:

  • besonders sorgfältige Einhaltung der beschriebenen Hygienemaßnahmen, vor allem bei Kontakt zu Kindern unter 3 Jahren
  • Antikörperkontrollen etwa alle 8 Wochen

Bei Feststellung einer akuten CMV-Infektion kann die Behandlung mit einem CMV-Immunglobulin-Präparat erwogen werden.

RINGELRÖTEN (PARVOVIRUS B19)
Die Ringelrötelninfektion im Erwachsenenalter verläuft in mehr als 60% ohne charakteristische Symptome. Daher kann die Infektion nur im Blut (IgG– und IgM-Antikörperbestimmung) erkannt werden, so auch in der Schwangerschaft. Die Ringelröteln werden durch ein Virus (Parvovirus B19) verursacht. Es handelt sich um eine Tröpfcheninfektion. Auch hier sind Patientinnen, die die Infektion bereits durchgemacht haben (ca. 60%) vor einer Erkrankung in der Schwangerschaft geschützt. Bei nicht geschützten Patientinnen besteht ein erhöhtes Risiko für kindliche Komplikationen (z.B. eine ausgeprägte Anämie).

Da das Ansteckungsrisiko vor Beginn des Hautausschlages am höchsten ist und im Erwachsenenalter die Infektion atypisch verläuft, kann man sich vor einer Infektion meist nicht erfolgreich schützen. Daher sollte der B19-Immunstatus vor oder bei Beginn der Schwangerschaft bekannt sein.  Auch dies ist leider ohne begründeten Verdacht keine Kassenleistung und muss von der Patientin selbst getragen werden (IGeL-Leistung).

Sollte es zu einer Erstinfektion in der Schwangerschaft gekommen sein, so wird die Schwangerschaft sehr engmaschig kontrolliert  (in Kooperation mit einem Zentrum) um ggf.  früh  Veränderungen der kindlichen Blutversorgung und der fetalen Entwicklung zu erkennen und ggf.  Maßnahmen einzuleiten.